Das Abspulen von Garnen und Litzen über das Spulengatter ist einer der meist unterschätzten Prozesse in der Garnvorbereitung. Die Eigenschaften des Halbzeuges oder fertigen Textils werden hier maßgeblich mitbestimmt. Die Fadenabzugskräfte dürfen weder zu klein noch zu groß und schon gar nicht untereinander verschieden sein. Doch selbst wenn alle Fadenabzugskräfte optimal eingestellt sind, muss der Abspulprozess nicht gut sein.

Die am häufigsten angewandte Abzugsart ist das sogenannte Über-Kopf-Abziehen. Hierbei wird die Spule lagefixiert und der Faden entlang der Spulenachse (Über-Kopf) abgezogen. Da der Spulenkörper nicht bewegt wird, d. h. keine Massenträgheiten überwunden werden müssen, können die Fäden mit sehr hohen Geschwindigkeiten abgezogen werden. Doch mit jeder Wicklung, die man auf diese Weise von der Spule abzieht, bringt man eine zusätzliche Drehung auf das Garn auf oder abhängig von der Schlagrichtung (s- oder z- Drehung) eine Drehung herunter. Bei dicken, hochmoduligen Litzen kann diese Zwangsverdrehung zu erheblichen Festigkeitsverlusten und vor allem zu einem ungleichmäßigen Dehnungsverhalten über die Länge des Textils führen.

Deshalb sollte insbesondere für das Fachen und Umspulen der Seillitzen ein Tangentialabzug verwendet werden. Bei diesem Abzug entstehen keine Zwangsverdrehungen, jedoch müssen die mitlaufenden Spulen beim Anhalten abgebremst werden, um ein unkontrolliertes Abwickeln zu verhindern. Die klassischen Bandbremsen, die ein konstantes Bremsmoment in die Spule einleiten, führen mit abnehmendem Spulenvolumen zu immer größeren Abzugskräften und eignen sich folglich nicht für einen präzisen Tangentialabzug. Gebremste Spulen, die nahezu konstante Abzugskräfte realisieren, beruhen i. d. R. auf servo-pneumatischen oder elektromechanischen Systemen und sind dadurch sehr kostspielig.

Aus diesen genannten Gründen hat TROWIS ein Spulengatter mit einer mechanischen Tenser-Regelung, bestehend aus einer Kipp-Hebelbremse und einem federbelasteten Schwingentenser entwickelt, konstruiert und gebaut. Bei diesem Wirkprinzip gibt der abziehende Faden die Bremsleistung an der Spule vor und ermöglicht selbst bei Abzugsgeschwindigkeiten von über 100m/min eine präzise Einstellung der Fadenabzugskraft sowie einen Spulennachlauf von unter einem Meter.

Derzeit haben wir im Technikum zwei Grundmodule im Einsatz, mit je 4 Spulstellen zur flexiblen Aufnahme von Galan-, Flecht- und Pappspulen. Erweiterungsmodule mit weiteren 4 Wirkstellen, die direkt auf die Grundmodule aufgesetzt werden können, sind bereits in der Planung und folgen in Kürze.

Autor:
Dr. Thorsten Heinze
Zurück zur Übersicht